Reisebericht
Ins indonesische Bergdorf, mit Wollke im Gepäck – Meine humanethologische Forschungsreise.
Hi, ich bin Maike, 25 Jahre alt und Psychologiestudentin. Diesen Sommer schickte mich meine Masterarbeit auf eine unvergessliche Reise und “Meine Wollke” war Teil davon.
Wie kam‘s dazu?
So gut wie am Ende meines Studiums und mit dem Thema für eine sportpsychologische Masterarbeit im Gepäck lernte ich die Arbeit eines Professors kennen. Seit nun mehr 50 Jahren forscht Prof. Dr. Wulf Schiefenhövel als Arzt, Anthropologe und Humanethologe in den spannendsten Ecken der Welt, unter anderem im Hochland Papuas. An der Uni Innsbruck unterrichtet er das Fach Humanethologie. Das ist ein Zweig der Verhaltensbiologie, doch die Erkenntnisse vieler Fachrichtungen laufen hier zusammen – so auch die der Psychologie. Hier wird der Mensch und seine stammesgeschichtliche Entwicklung betrachtet, um zu verstehen was angeboren oder erlernt ist. Man wirft einen Blick auf andere Kulturen und unsere nächsten Verwandten, die Menschenaffen. Wenn man mich fragt: Das spannendste Fach der Psychologie (oder sogar der ganzen Uni;) )
Wir kamen also ins Gespräch und er bot mir an mich auf seiner nächsten Reise zu begleiten, Daten zu sammeln und meine Abschlussarbeit darüber zu schreiben. Ich war aus dem Häuschen (to say the least).
Was erforschten wir?
Es gibt den globalen Trend, dass sich das Menarchealter junger Mädchen, also das Alter, in dem sie das erste Mal ihre Tage bekommen, verfrüht. Das konnte in den letzten 100 Jahren in sehr vielen Ländern dokumentiert werden. In Deutschland z.B. ist zwischen 11 und 14 Jahren „normal“ (BzgA, 2015). Ziemlich früh, oder? Anatomisch und psychisch nicht gerade das ideale Alter für eine Schwangerschaft. Ziel dieser Forschungsreise ist es, diesem Trend auf die Spur zu gehen: Wieso bekommen Mädchen heute früher ihre Tage? Welche Faktoren sind verantwortlich, welche nicht? Eipomek, das Bergdorf in Papua, zeigt den gleichen Trend. Und das obwohl sie noch recht isoliert leben und einen ‚nachsteinzeitlichen‘ Lebensstil praktizieren. Ein toller Ort also, um die wahren Gründe dieser Entwicklung kennenzulernen.
Ziel der Reise
Im Juni diesen Jahres stieg ich dann also in München in den Flieger. Vorerst alleine. Und erreichte nach fast 2 Tagen Papuas Hauptstadt Jayapura. Papua ist die zweitgrößte Insel der Welt und besteht aus zwei Teilen: Der unabhängige Teil von Papua-Neuguinea und daneben die Provinz Papua, welche Indonesien zugehörig ist.
Von dort aus brachte ein kleiner Missionsflieger unser nun 4-köpfiges Forschungsteam ins Hochland! Unser Ziel: Eipomek auf 1900m, mit einer Flugzeuglandebahn, die nichts für schwache Nerven ist. Kein Handyempfang, kein Internet, kein fließendes Wasser. Dafür Berge, Natur, Menschen und Tiere. Atemberaubend.
Vor 45 Jahren, als mein Professor den Stamm der Eipo kennenlernte war vieles noch ganz anders: Es gab noch keine Flugverbindung an die Küste und ihre Lebensweise war steinzeitlich: Kein Rad, keine Metalle, keine Schrift. Heute leben dort ca. viertausend Menschen. Auch Bevölkerungswachstum ist ein Ergebnis früher einsetzender Menstruation.
Ihr Alltag verbindet Tradition UND Moderne
Schwer zu sagen was ich gefühlt habe, als ich das erste Mal traditionelle Lieder hörte. Ein bisschen, als würde mir jemand rufen. Auch beim zweiten, zehnten und zwanzigsten Mal hatte ich immer noch das Gefühl schnell zum Dorfplatz gehen zu müssen um dabei sein zu können. Manchmal sangen und tanzten sie in traditionellen Outfits, mit Pfeil und Bogen in der Hand, wie bei einem Fest. Viele andere Male sammelten sie Holz und Bananenblätter im Wald und sangen auf dem Rückweg ins Dorf um auf sich aufmerksam zu machen. Man lernt schnell zwischen den Gesängen zu differenzieren, aber nicht sich ihnen zu entziehen. Ihre Kultur zog mich definitiv in den Bann. Lustig wird es, wenn zwischendrin plötzlich der Beat aus einer Musikbox mit riesen Lautsprecher kommt. Wie gesagt, hier wird Tradition und Moderne verbunden! Manche Holzhütten haben ein Solarpanel auf dem Dach, es gibt Hydroenergie aber genauso viel Lagerfeuer. Manche Teenager schauen indonesische Serien auf ihrem Tablet (die jemand wohl in der Stadt downloaden konnte) an einem anderen Tag wird im Fluss Wäsche gewaschen. Es gibt also einige traditionelle und moderne Elemente. Auch der Bau von Schule, Krankenstation und Kirche sind Teil der von den Bewohnern erträumten Entwicklung. Gleichzeitig aber ist jeder Tag von ihrer wunderbaren, eigenen Kultur geprägt. Dazu gehören auch die Noken (Tragetaschen aus geflochtener Rinde), ihre Art Essen zuzubereiten und ihr Wissen über Flora und Fauna. Und natürlich Körperschmuck, Gesang und Tanz.
Das Sammeln der Daten
In Eipomek und Umgebung wird „Mek“ gesprochen. Eine schöne, aber für mich extrem komplizierte Sprache. Zu meinem Glück sprechen heute zusätzlich zur Sprache des Stamms auch viele Indonesisch. In Vorbereitung auf meine Reise lernte ich also ebenfalls indonesisch, um meine Interviews mit den jungen Mädchen und Frauen überhaupt machen zu können. In den Wochen in den Bergen konnte ich mit mehr als 50 Probandinnen sprechen und sammelte so nicht nur Daten, sondern lernte auch tolle Menschen und Familien kennen. Klar, es war nicht immer ganz leicht auf einer neuen Fremdsprache wissenschaftlich zu arbeiten und es hat mich sicher Nerven gekostet, aber schlussendlich – mit der Unterstützung meiner drei wundervollen Teamkollegen – hat alles toll geklappt. Sobald ich meine Masterarbeit abgeschlossen habe, wird noch ein Blogbeitrag zu den Ergebnissen der Forschungsarbeit folgen! Schau also immer wieder mal rein, falls dich das interessiert.
Meine Wollke im Gepäck
In Vorbereitung auf meine Reise machte ich mir viele Gedanken zum Thema Frauenhygiene und nachsteinzeitlichem Leben. Logisch, in jeder Kultur sieht ‚seine Tage zu haben‘ anders aus. Mir ist klar, dass Cafés mit süßem Körbchen auf der Toilette, wo sich Frauen mit Tampons bedienen dürfen, kein Standard sind. Ich realisierte aber auch, dass in vielen Teilen der Welt nicht mal sanitäre Anlagen Standard sind. Das macht es für Mädchen & Frauen natürlich super schwierig Hygieneartikel zu wechseln & sich zu waschen. Überhaupt habe ich mich gefragt, ob meine Interviewpartnerinnen wohl Zugang zu diesen Artikeln haben?
Daher wendete ich mich an Sabine von wollke.at und wir machten uns gemeinsam Gedanken. Sie war so unglaublich großzügig mir über fünfzig Mona‘s mit auf die Reise mit zu geben!!! Jede Interviewpartnerinnen sollte als Dankeschön eine mit nachhause nehmen dürfen und das war ein voller Erfolg! Alle haben sich sehr gefreut und sich bedankt. Ich denke das kleine „hadiah“ (indonesisch für Geschenk) hat sich sogar im Dorf herumgesprochen & die ein oder andere motiviert mitzumachen.
Ich denke es ist toll, weniger auf Vorräte des Dorflädchens angewiesen zu sein: Es ist ein kleines Stückchen Autonomie.
Genauso super ist Vorteil #2: Weniger Müll!
Unser globales Müllproblem ist jedem bekannt und einer der Beweggründe für Sabine ein solches Produkt auf den Markt zu bringen. Heute fällt leider auch in Eipomek Verpackungsmüll an und daher ist jede Müll-Prävention super! Das Bergdorf erreicht man schließlich nur mit Buschflieger oder 6-Tage-Marsch… es gibt also leichtere Bedingungen für erfolgreiches Müllmanagement! Vielleicht konnten wir mit dem Verteilen der nachhaltigen Slipeinlagen nicht nur eine Freude, sondern auch weniger Müll machen.
Diese Reise hat mich so viel begreifen, fühlen & umdenken lassen, dass auch als ich wieder im Münchener Terminal ankam, sich alles anders angefühlt hat als zuvor. Mit einem Herz voller Erinnerungen sitze ich jetzt wieder in Innsbruck am Schreibtisch und bringe meine Daten zu Papier.
Danke für’s Lesen!
Fiteleb, Maike